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Den Tag mit Unterstützung frei gestalten
Mit einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft für Senioren geht der Sozialträger Vinzenz von Paul neue Wege in Schwäbisch Gmünd. Im Frühjahr des kommenden Jahres soll die Wohnung in der Schwerzerallee bezogen werden; sie bietet Platz für elf Bewohnerinnen und Bewohner mit Pflegegrad. Nadine Mangold, Koordinatorin für ambulantes Wohnen bei Vinzenz von Paul, und Regionalleiterin Isolde Otto-Langer stellen das Modell vor. Wer einziehen möchte, kann sich bewerben, ebenso sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht.
Frau Otto-Langer und Frau Mangold, was unterscheidet eine ambulant betreute Wohngemeinschaft für Senioren von einer Wohngruppe im Pflegeheim?
N. Mangold: In der Wohngemeinschaft können die Bewohnerinnen und Bewohner ihren Tag komplett frei gestalten. Das beginnt morgens: Sie stehen auf und frühstücken, wann sie möchten. Die Gruppengröße ist mit elf Personen überschaubar, das schafft eine familiäre Atmosphäre. Ich habe selbst schon in verschiedenen Wohngemeinschaften hospitiert und war sehr beeindruckt von deren Klima, das wirklich mit einer großen Familie vergleichbar ist.
I. Otto-Langer: Diese Atmosphäre entsteht auch durch die relativ enge Beziehung zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ausschließlich in der Wohngemeinschaft arbeiten und bei uns im Haus geschult werden. So entstehen die notwendige Sicherheit und Vertrautheit und gleichzeitig viel Raum für selbstbestimmtes Handeln.
Denken Sie nicht, dass Selbstbestimmung und Eigeninitiative manche WG-Mitglieder überfordern?
N. Mangold: Deshalb sind ja rund um die Uhr Alltagsbegleiter und -begleiterinnen vor Ort. Sie unterstützen die Bewohner, bei allem, was diese tun – und sie aktivieren und motivieren auch. Gemeinsames Basteln, Kochen, Wäschezusammenlegen oder gemeinsame Unternehmungen sind möglich, aber kein Zwang. Das gemeinsame Erstellen des Speiseplans ist immer sehr beliebt. Wichtig ist der Ansatz, der dahintersteht: Die WG ist das Zuhause der Bewohnerinnen und Bewohner, die Alltagsbegleiter sind dort sozusagen Gäste, die sie unterstützen.
Apropos Besuch, welche Position haben die Angehörigen bei dieser Wohnform?
N. Mangold: Sie übernehmen eine wichtige Funktion, sie unterstützen ihren Bewohner oder ihre Bewohnerin im Bewohnergremium, das gemeinsame Entscheidungen über die Alltagsgestaltung trifft. Es gibt für die Angehörige keine Besuchszeiten, sie sind immer herzlich willkommen. Auch Ehrenamtliche sind wichtig für besondere Aktivitäten oder Ausflüge. Wir sind gerade dabei, ein Ehrenamtskonzept zu erstellen.
Wer kann in die Wohngemeinschaft einziehen?
N. Mangold: Die WG eignet sich für ganz unterschiedliche Einschränkungen, auch demenziell erkrankte, kognitiv oder körperlich eingeschränkte Menschen. Unser Ziel ist eine gute Mischung ab Pflegegrad zwei zu haben. Für Alltagsverrichtungen sind die Alltagsbegleiter vor Ort, für die Pflege ist ein Pflegedienst zuständig, der frei gewählt werden kann.
Seit wann gibt es dieses Modell schon?
N. Mangold: Erste Ansätze dazu hat es tatsächlich schon Ende der 80er-Jahre gegeben, aber erst im vergangenen Jahrzehnt hat sich das Modell langsam verbreitet.
I. Otto-Langer: In Schwäbisch Gmünd ist dies die erste Wohngemeinschaft für hilfebedürftige alte Menschen. Wir freuen uns und sind dankbar, als Vinzenz von Paul dieses Angebot ab Frühjahr 2023 machen zu können.
Wie wird die Wohngemeinschaft in der Schwerzerallee aussehen?
N. Mangold: Sie wird sich im dritten Stock eines Neubaus befinden. Jeder Bewohner und jede Bewohnerin haben ein großzügiges Zimmer mit eigenem Bad, hinzu kommen die Gemeinschaftsflächen wie Küche, Ess- und Wohnzimmer oder Balkon. Die Wohnung hat Fußbodenheizung und liegt direkt an einer schönen Grünanlage mit großen, alten Bäumen – ruhig und doch relativ stadtnah.
I. Otto-Langer: Im ersten und zweiten Stockwerk des Hauses befinden sich zwölf Wohnungen für selbständig lebende Senioren. Wir sind sehr dankbar über die gute Abstimmung mit dem Bauherrn Christian Widmann, der uns in die Planung einbezogen hat. Dank der Einzelzimmer haben die Bewohner die Möglichkeit, sich zurückzuziehen oder sich als Teil der Gemeinschaft zu erleben. Sie bringen beim Einzug ihre eigenen, persönlichen Möbel und Gegenstände mit. Damit finden sie in ihrem neuen Zuhause vertraute Dinge und somit ein Stück ihrer Lebensgeschichte wieder.
Welche Kosten fallen für die Bewohner an?
N. Mangold: Neben der Miete und den Nebenkosten sind das Kosten für die Präsenzkräfte, ein Beitrag zur Haushaltskasse und die Kosten für die individuellen Pflegeleistungen durch den externen Dienst. Grob kann man sagen, die Kosten sind niedriger als in einer stationären Einrichtung, aber höher als im betreuten Wohnen.
Welche Voraussetzungen müssen die Alltagsbegleiter:innen mitbringen?
N. Mangold: Sie sollten ein positives Bild von Menschen im Alter und bei Pflegebedarf haben, empathisch, belastbar und kommunikativ sein. Im Januar 2023 bereiten Profis der Vinzenz von Paul aus Tübingen mit einer Weiterbildung die neuen Alltagsbegleiter auf ihre Aufgaben vor. Diese Weiterbildung umfasst 166 Unterrichtseinheiten und wird in Schwäbisch Gmünd stattfinden. Wir können einen Arbeitsumfang zwischen 30 und 85 Prozent anbieten, im Schichtdienst: Die Frühschicht beläuft sich auf sieben Stunden, die Spätschicht auf sechs Stunden. In der Nacht ist eine Nachtbereitschaft vor Ort. Das halten wir für sehr attraktiv und familienfreundlich. Wir freuen uns über Bewerbungen!